"Wir sind ja nur Frauen"

Veröffentlicht am 21.03.2012 in Landespolitik

Über 270 Filialen wird die insolvente Drogerie-Kette Schlecker in Baden-Württemberg schließen, über 1000 Mitarbeiterinnen verlieren ihre Arbeitsplätze. Die Landesregierung kämpft um die Finanzierung einer Transfer-Gesellschaft. Wie die Stimmung in der Region ist, erfuhr Hans-Peter Storz bei einem Besuch in der Filiale in Welschingen.

Noch drei Tage hat die Schlecker Filiale in Engen-Welschingen geöffnet. 30 Prozent Rabatt locken die Kunden an, um die letzten Artikel aus bereits gähnenden Regalen abzuverkaufen. "Leichenfledderer" schimpfen die Mitarbeiterinnen. Endzeit-Stimmung nicht nur in Welschingen. Auch in Tengen, Steißlingen, Allensbach, Stockach und in Hilzingen, wo bis zuletzt noch Hoffnung war, ist am Samstag, den 24. März Schluss.

Endzeitstimmung

Wie geht es für die Mitarbeiterinnen weiter? In der Region werden 17 von ihnen ihren Arbeitsplatz verlieren. Ob sie ohne weiteres einen neue Beschäftigung finden ist fraglich. Wenn freie Stellen im Einzelhandel nicht besetzt werden können, habe dies gute Gründe, heißt es.

Die Betriebsratsvorsitzende in der Region Hegau, Monika Opitz, ärgert sich vor allem über die Berliner Politiker. Für Opel, Banken oder die Griechen übernehme der Bund Bürgschaften. Bei Schlecker zeigte die Regierung kein Interesse. "Wir sind ja nur Frauen," wurde dies bitter kommentiert. Hans-Peter Storz sei bislang der einzige Politiker in der Region, der sich für die Schlecker-Mitarbeiterinnen interessiert habe.


Landesregierung bürgt

Anerkennung erhielt daher das Engagement der Landesregierung. Baden-Württemberg brachte die betroffenen Länder zusammen und übernimmt jetzt mit sieben Millionen Euro einen Teil der Bürgschaft für ein Darlehen, das der Transfergesellschaft den Start ermöglicht. Dies sei eine wichtige Voraussetzung für die Sanierung des restlichen Unternehmens, ist auch die Gewerkschaft ver.di überzeugt.

Hilfe durch Transfergesellschaft?

Eine Transfergesellschaft soll den von Entlassung bedrohten Mitarbeiterinnen helfen, eine neue Beschäftigung zu finden, indem ihnen zum Beispiel berufliche Weiterbildung angeboten wird. Die Erwartungen an diese Gesellschaft sind jedoch niedrig. Denn vor allem für ältere Frauen mit geringer Mobilität sind die Beschäftigungschancen im ländlichen Raum nicht sehr groß.

Mindestlohn gefordert

Was kann die Politik tun? Der wichtigste Schritt sei ein gesetzlicher Mindestlohn, der für jeden Arbeitgeber - auch im Handel - verbindlich sein müsse. Markus Klemt, in der Gewerkschaft ver.di für den Handel zuständig - spricht auch andere - Fragen der Regulierung an. Die Politik müsse die Verlagerung des Einzelhandels an die Ortsränder und auf die grüne Wiese verhindern. Außerdem habe der zu sehr aufgeweichte Ladenschluss zur Schließung von kleineren Läden und von Arbeitsplätzen geführt.

 
 

Kommentare

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Lockerung Ladenschluss rückgangig machen

Die Grün/Rote Landesregierung sollte sich ernsthaft darüber Gedanken machen die "Liberalisierung" der Ladenöffnungszeiten rückganig zu machen. Sie haben den Menschen und den Beschäftigten im Einzelhandel nichts gebracht. Die erhofften mehr Jobs im Einzelhandel sind ausgeblieben. Die verlängerten Ladenöffnungszeiten bringen (wenn überhaupt) nur den großen Fillialisten auf der "grünen Wiese" was. Die SPD Rielasingen-Worblingen hat vor einigen Jahren eine Veranstaltung zu diesem Thema gemacht. Das Resüme: Es gibt keine "sozial vertretbaren" Gründe für eine Öffnung bis 22 Uhr.

Autor: René Frey, Datum: 25.03.2012, 23:03 Uhr


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